Erfahrungsbericht medicos voluntarios in der Clinica Yum Kax
Eigentlich hatten wir uns vom Job und Deutschland eine Auszeit gegönnt und wollten ein halbes Jahr durch Mittelamerika reisen. Auf unserer Reise durch Guatemala haben wir ein befreundetes Pärchen besucht, die seit einem halben Jahr als Ärzte in einem medizinischen Hilfsprojekt einer kleinen göttinger NGO arbeiteten. Schon bei Ankunft in Comalapa hat uns der ruhige kleine Ort mit seinen freundlichen Menschen und den Maya Frauen in ihren schönen bunten Trachten beeindruckt. Auf die Frage wo denn die Clinica Yum Kax zu finden sei, konnten uns alle sofort freundlich den Weg weisen, die Clinica war in der Stadt bestens bekannt.
Die Clinica selber ist in den hinteren Räumen eines kleinen, schön begrünten Innenhofes gelegen. Unter den ausladenden Ästen eines Avocadobaumes geht man zu den Räumlichkeiten durch und wird von der einheimischen Krankenschwester Rosa sogleich freundlich empfangen. Wir waren von der guten Ausstattung der kleinen Klinik begeistert. Es steht ein EKG und Ultraschallgerät zur Verfügung. Auch wenn das Ultraschallgerät keine Dopplerfunktion hat, ist die Auflösung doch relativ gut und bei so mancher Diagnosestellung war es sehr hilfreich. Das Sonogerät teilen sich die Ärzte mit den Hebammen von ACOTCHI, einem lokalen Hebammenprojekt. Das Projekt wird von dem Verein VMM mit unterstützt, so befinden sich die Räumlichkeiten der Hebammen auch mit auf dem Klinikgelände.
Die Klinik verfügt über eine eigene Apotheke, in der auch dank vieler Medikamentenspenden aus Deutschland fast kein Wunsch offen bleibt. Die Privaträume die den Ärzten während des Aufenthaltes zur Verfügung gestellt werden, sind sehr gemütlich und man fühlt sich gleich heimisch. Als wir dann hören mussten, dass zum ersten Mal seit 15 Jahren kein ärztlicher Nachfolger für die Arbeit in der Clinica für die nächsten vier Monate gefunden werden konnte, stimmte uns das sehr traurig. Der Arzt welcher für die nächste Zeit in der Clinica arbeiten sollte, musste aus privaten Gründen kurzfristig absagen und bislang konnte kein Ersatz gefunden werden. Die Menschen in Comalapa kennen die Clinica gut und vertrauen den dort arbeitenden Ärzten. Seit 15 Jahren steht ihnen dank der Klinik ein auch für arme Menschen erschwinglicher Zugang zu medizinischer Versorgung zu Verfügung. So beschlossen wir kurzerhand die nächsten zwei Monate in Comalapa zu bleiben und die Arbeit in der Clinica weiterzuführen. Bereut haben wir es nicht! Die Arbeit mit den Menschen aus Comalapa hat uns sehr viel Spaß gemacht. Man bekommt einen ganz anderen Einblick in das tägliche Leben der Menschen, lernt viel von ihren Problemen und Erfahrungen kennen. Unsere Patienten waren stets sehr freundlich und das Spektrum der Krankheiten sehr variabel und abwechslungsreich. Wie wichtig die gute medizinische Versorgung vor Ort war, wurde uns besonders bewusst, als wir schwerer erkrankte Patienten zur Behandlung ins Krankenhaus einweisen mussten. Trotz telefonischer Ankündigung einer Patientin im nationalen Krankenhaus von Guatemala City und ausführlichem schriftlichen Bericht musste die sehr kranke Patienten den ganzen Tag in der Aufnahme warten und wurde abends um 22h doch noch nach Hause geschickt (von Guatemala City bis nach Comalapa sind es mindestens drei Stunden sehr unbequeme und um diese Zeit auch gefährliche Busfahrt). Ähnliche Erfahrungen mussten wir auch bei anderen Patienten machen, welche in den nationalen Krankenhäusern oft nicht fachgerecht behandelt wurden. Guatemala ist ein Land starker Gegensätze. Die wunderschöne und so unterschiedliche Natur auf der einen Seite, auf der anderen Seite sind weite Gebiet von Abholzung und Brandrodung zerstört. In Städten wie Antigua und Guatemala City findet man fast alles was auch in europäischen Großstädten zu finden ist, in den kleineren Städten v.a. im Hochland können viele Menschen nicht lesen und schreiben und der Zugang zu medizinischer Versorgung ist oft sehr mangelhaft. Dieses von Korruption und den Nachwirkungen eines schrecklichen Bürgerkrieges gebeutelte Land hat noch einen langen Weg vor sich, um seiner Natur und seinen Menschen gerecht zu werden.
Bild und Text: Julya Hempel und Ramy Hilal, Comalapa den 20.05.2015